Der Anspruch für ein gepflegtes Aussehen
Sich für Dreadlocks zu entscheiden, ist eine gute Idee. Doch man darf sich nicht täuschen lassen. Sie machen nicht nur eine Menge Arbeit (etwa ein Jahr lang!), man muss auch in der Lage sein, mitzudenken und auf der Hut sein. Gerade wenn sie noch recht jung sind, wollen sie gepflegt werden!
Wasche ich sie oder lasse ich es bleiben?
Die Meisten von uns waschen ihre Haare regelmäßig. Das ist gut, denn Umweltgifte, Blütenpollen sowie Dreck werden damit herausgewaschen. Aber Vorsicht – damit sind Aufgaben verbunden!
Wenn ihr vorher schon fettige Haare hattet, sind die Aufgaben, die damit verbunden sind, nicht fern. Es ändert sich nichts zu früher. Ist die Kopfhaut und der Ansatz fettig, müssen sie spätestens gewaschen werden. Sportler sind auch ohne fettige Haare vom regelmäßigen Waschen betroffen, schließlich schwitzt man (Kopfhaut wird fettig) und duscht dadurch natürlich auch oft. Und genau ihr seid von der Arbeit, die Dreadlocks anfangs machen, am Meisten betroffen.
Fett verhindert das Verfilzen, fettfreie Haare verfilzen besser! Wenn ich mir mit jungen Dreadlocks meine Hirse wasche, rutschen viele Härchen, die ich vorher mühevoll eingehäkelt hatte, nach der Wäsche wieder heraus.
Den Kopf, wenn man auf ordentliche Dreads steht, wieder in Ordnung zu bringen, ist nach jeder Haarwäsche daher eine anfallende Notwendigkeit. Dazu muss allerdings das Timing stimmen.
Zusätzliche Verpflichtungen, die ich vorher nicht hatte
Meine Haar benötigen, nach der Wäsche, gut einen halben Tag, bis sie halbwegs trocken sind. Erst nach der Trocknung kann ich ans Häkeln gehen, ansonsten laufe ich Gefahr, die Haarstruktur kaputt zu machen. Von früher kennen wir ja die Regel, das nasse Haar nur ganz vorsichtig zu kämmen, damit es nicht zerstört wird oder gar abbricht. Das trifft beim Häkeln auch zu.
Von wegen zwischendurch mal schnell Haare waschen…
Wenn ich im Job stehe, heißt das für mich, mir das Wochenende dafür komplett frei zu halten. Mit anderen Worten, Hobby usw. können wir dann getrost ausblenden.
Freitags, wenn ihr glücklicherweise gegen Mittag ins wohlverdiente Wochenende geht, kann es gut sein, dass ihr euch ab nun die Haare waschen müsst. Dann sind sie wenigstens am Abend trocken.
Trocknen der Dreadlocks
Über Nacht würde ich meine Dreads nicht trocknen lassen. Erstens habe ich keine Lust auf nasse Bettwäsche und zweitens auch nicht auf Treibhauskulturen. Ich kenne das noch mit meinen Rastas, auch die waren nächsten Morgen noch nicht vollständig trocken. Wenn ich die ganze Nacht auf feuchten Dreadlocks liege, sind die morgens auch verformt, und an unmöglichen Stellen geknickt. Ne, das ist nichts für mich – dann lieber schön an der Luft oder unter der Trockenhaube trocknen lassen.
Bild nach der Haarwäsche – auf dem Bild sind sie schon fast trocken
Der Samstag geht komplett für die Instandsetzung meiner jungen Dreadlocks drauf. Denn nach der Haarwäsche sehen die so aus, als ob ich nie etwas daran getan hätte. Die Betonung liegt allerdings auf JUNGE Dreadlocks! Ich habe immer das Gefühl, dass ich wieder bei Null anfangen muss. Das ist zwar nicht so, denn der Filzprozess geht schon vonstatten (langsam allerdings), aber es gibt nach dem Haare waschen trotzdem eine Menge zu tun, um wieder salonfähig auf die Straße gehen zu können.
Meist gehe ich auch Samstag abends aus – bis dahin will ich sie immer halbwegs ordentlich wissen.
Und der Sonntag geht bei Berufstätigen dann für den notwendigen Feinschliff drauf.
Auf dem Bild sind die vielen kleinen Härchen nach der Haarwäsche gut erkennbar
Das mag pingelig erscheinen, aber jeder, der auf sein gepflegtes Äußeres bedacht ist, wird spätestens nach dem Waschen aktiv werden. Wer die Geduld und Zeit nicht dafür aufbringen will, sollte sich die Entscheidung Dreadlocks gründlich durch den Kopf gehen lassen.
Ich denke, wenn man diesen Prozess kennt, weiss man viel besser einzuschätzen, warum es auch Leute gibt, die das Waschen ihrer Dreads auf ein Minimum reduzieren – kein Waschen, bedeutet wesentlich weniger Arbeit damit zu haben. Gar nichts daran zu tun, tja… anderes Thema. Mit nicht fettigen Haaren ist das wenige Waschen eine Option, wenn ich nicht gerade Sport treibe oder oft draußen bin.
Eigengeruch Haare
Aber ihr könnt feststellen, dass eure Haare einen gewissen Eigengeruch aufweisen. Wascht mal eure Haare ein paar Wochen nicht… ihr werdet erstaunt sein, wie eure Haare dann riechen. Die einen lieben den Geruch, die anderen finden das nicht ganz so prickelnd. Und um euch herum nimmt jeder den Eigengeruch eurer Haare wahr, denn der kann recht dominant sein.
Mit Dreadlocks verändert sich das Leben
Irgendwie ist mir klar geworden, warum Dreads nicht so weit verbreitet sind oder zum absoluten Modehype werden.
Für Dreadlocks muss man Individualist sein.
Damit kann ich nicht einfach zum Friseur gehen, um sie mir wieder schön machen zu lassen. Das wäre unbezahlbar, weil es einfach Stunden braucht, bis alle Härchen eingehäkelt sind. Friseure sind darauf auch gar nicht spezialisiert, die Meisten beherrschen das Handwerk schlichtweg nicht. Und Dreadmacher/innen gibt es leider nicht wie Sand am Meer. Einen zeitnahen oder gar spontanen Termin zu bekommen ist schwer. Daher wird sich eine Rundumerneuerung auf das Wesentliche beschränken müssen, nämlich auf alle drei Monate.
Die täglichen „Pflichten“ obliegen uns selbst
Wenn wir gepflegt herumlaufen wollen, dann müssen wir unsere Dreadlocks selbst häkeln und wenn man feste Dreadlocks bevorzugt, dann auch in den ersten Monaten regelmäßig. Die Häkeltechnik wird in einem meiner nächsten Beiträge Thema sein. Aber ich möchte mich bei Kathi noch rückversichern, was ich euch dazu schreiben werde.
Ich habe nämlich meine Dreadmacherin, Kathi von der Dreadmacherei, die alle zwei bis drei Monate zu mir kommt, um mir die Ansätze wieder einzuhäkeln und um auf meinem Kopf Ordnung zu schaffen. Ich sehe nicht alle Bereiche – auch nicht mit Spiegel und schon gar nicht als Brillenträgerin. Und jeder der über Kopf schon gehäkelt hat, weiß, wie anstrengend das ist. Von daher bin ich dankbar darüber, dass Kathi meine Würmchen wieder in Form bringt. Der finanzielle Aufwand muss jedoch dafür zu meinem Budget passen. Wer das nicht aufbringen kann, hat nur die Möglichkeit, selbst Hand anzulegen oder/und sich bei der Pflege seiner Dreadlocks von Freunden helfen zu lassen.
Steckt euch die Ziele nicht zu hoch
Damit aus Spaß, Dreadlocks zu tragen, aber nicht der pure Ernst wird, sollte man sich darüber im Klaren werden, dass viel Geduld für die Pflege notwendig ist. Wenn ich beispielsweise einen Strang durchgeflochten habe und gefühlt der Meinung bin, der ist nun schön straff, dann liege ich meist falsch damit. Beim genauen Betrachten sehe ich, dass etliche Härchen noch herausschauen. Meist häkle ich das Würmchen daher mehrmals durch. Und trotzdem, es bleiben immer Härchen draußen. Dabei belasse ich es und gehe erst einmal an den Rest dran.
Sofort erledigen, löst nur Stress aus
Löst euch von dem Gedanken, jedes Härchen sofort einhäkeln zu wollen. Nach der Haarwäsche häkle ich zwar alle gründlich durch aber dann nehme ich bewusst erst einmal Abstand davon.
Den eigentlichen Feinschliff erledige ich stressfrei nach und nach vor dem Fernseher oder beim Hören eines Hörbuches oder ich sitze einfach im Garten – immer mal wieder wird dann ein Würmchen von mir bearbeitet. Steckt euch daher das Ziel nicht zu hoch – ihr schafft es nicht oder nur unter Frust, einen einwandfreien Kopf innerhalb kurzer Zeit haben zu wollen.
Es drängt die Zeit
Im Büro könnt ihr euch, wenn ihr nicht alles geschafft habt, einen schönen Dutt machen, Tuch drumherum und fertig. Lediglich die von außen sichtbaren Würmchen, im Nacken, Schläfen rundherum und vorne am Pony bedürfen der ersten gründlichen Pflege. Alle anderen, könnt ihr nach und nach in Angriff nehmen, denn die sieht man nicht, wenn man die Haarpracht zusammengebunden hat.
Dreadlocks verfilzen auch miteinander
Vergessen würde ich sie allerdings nicht, denn mit ihrer rauen Oberfläche (die herausstehenden Härchen) ketteln sie sich gerne aneinander und wachsen mit der Zeit zusammen. Das dann auseinander zu bekommen – puh… Zumal man ist ja verdammt, die Dinger dann nur noch hochstecken zu müssen. Denn wie ungepflegt sähen zusammengewachsene Dreadlocks auch offen getragen aus… Es gibt ja eine Reihe von Kandidaten, die das toll finden mögen. Ich jedoch bevorzuge die gepflegte und übersichtliche Variante 😉
In diesem Sinne…
Sich Dreadlocks zu wünschen ist eine Sache, Dreadlocks zu tragen ist daher eine wesentlich andere.
Nachtrag:
Damit mein älterer Artikel nicht falsch verstanden wird, noch eine wichtige Mitteilung an alle, die den Artikel gerade lesen. Ich schreibe von meinen persönlichen Erfahrungen, die sich im Laufe der Zeit im ein oder anderen Punkt mittlerweile geändert haben. Ihr begebt euch quasi auf eine Zeitreise mit mir. Wenn ihr also aus meinen Erfahrungen etwas mitnehmen möchtet, dann lest bitte alle Artikel und auch die neuesten Artikel über meine Erfahrungen und daraus entstandenen Erkenntnissen mit Dreadlocks und bildet euch dann eure eigene Meinung.
Erkenntnisse entstehen nun mal durch eine Anzahl von Erfahrungen, die man mit der Zeit gesammelt hat. Zum Zeitpunkt dieses Artikels hatte ich meine Dreadlocks gerade ein halbes Jahr. Inzwischen, nach nunmehr anderthalb Jahren, konnte ich viele neue Erfahrungen dazu gewinnen, die für euch vielleicht von Nutzen sein können. Von der Handhabe der Kieselerde, so wie ich sie verwendet habe, kann ich heute nur abraten. Auch die Filznadel ist mit Vorsicht zu genießen – lasst es bitte, es macht eure Dreads definitiv kaputt. Dauerhäkeln macht sie übrigens auch kaputt. Auch das Glätteisen liegt inzwischen unbenutzt in der Ecke herum. In Sachen Shampoo hat sich auch einiges getan. Lasst euch nicht von jedem einen Bären aufbinden, es wird viel erzählt. Es muss für euch und eure Haare passen. Geht vorsichtig mit euren Dreads um, sie sind sehr empfindlich. Und Fehler, die man gemacht hat, erkennt man leider erst viel, viel später an seinen Dreads – meist zu spät. Die meisten Fehler lassen sich nicht korrigieren!
Toll geschrieben und vor allem: mit so viel Wahrheiten und Weisheiten darin. Für mich sind meine Dreads mittlerweile auch ein Lebensgefühl geworden. Ich liebe den Geruch meiner Haare und habe das Gefühl, mit meinen Dreadlocks mich selbst besser ausdrücken zu können….
Nur in Geduld muss ich mich wohl noch üben. Wie gerne hätte ich deine Länge *_* Aber das dauert eben seine Zeit!
Liebe Grüße
Joanna
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Liebe Joanna, insbesondere am Anfang dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis sie länger werden. Das hat mit dem Schrumpfen der Würmer zu tun. Die ziehen sich, wenn der Filzprozess stattfindet, noch ganz schön zusammen und verlieren damit an Länge. Aber wie du es schon so schön schreibst, Geduld ist das Zauberwort. 😉
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