Der Sonntag und das Telegramm zum lieben Gott

Sonntag ist Ruhetag und die Geschäfte sind geschlossen. Am Sonntag ruht man aus und schläft lange, um die Kräfte für die folgende Arbeitswoche zu sammeln.

Am Sonntag gehen Gläubige in die Kirche. Der Sonntag gehört der Familie.

Am Sonntag wird zusammen gefrühstückt und mittags isst man in geselliger Runde miteinander. Und nachmittags, nach dem ausgiebigen Spaziergang gibt es Kaffee und Kuchen.

 

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Am Sonntag Abend wird es spannend, dann schaut die Nation  Tatort oder man list ein Buch. So oder auch ganz anders verläuft der Sonntag bei den Meisten.

Der Sonntag ist vielen Menschen heilig. An diesem besonderen Tag muss man etwas mit der Familie unternehmen und seine Freizeit zelebrieren. Wann sonst, wenn nicht am Sonntag?

Ich nutze den Sonntag, wie jeden anderen Tag auch und doch mit viel mehr Ruhe. Ich bereite schon einmal meine Arbeitswoche vor, schaffe Ordnung in meiner Dateiablage und stöbere im Netz nach allem Möglichen. Ich nutze die Ruhe, um konzentriert meine Arbeit zu erledigen.

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Später werde ich mit Hundimandi noch eine Runde drehen, um mich danach mit meinem Buch oder IPad in mein Wohnzimmer vor dem wärmenden Kamin zurückzuziehen. Im Sommer verbringe ich meine Sonntage meist im Garten.

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Sonntage sind einfach gelassener als alle anderen Tage. Am Sonntag schellt das Telefon nur wenig – geschäftliche Anrufe sind dann doch eher die Seltenheit. Der Postbote und Lieferdienste stehen nicht vor der Tür und eigentlich verläuft auch das Leben draußen viel ruhiger und gelassener.

Und trotzdem sind meine Sonntage anders als früher. Früher haben mich meine Eltern besucht oder ich sie. Dann redeten wir über die Dinge des Lebens oder spielten  miteinander Karten. Meist gab es lecker Mittagessen und danach wurde mit dem Dackel eine Runde durchs Wäldchen gedreht. An Sonntagen schmiedeten wir Urlaubspläne, wir wälzten alle möglichen Theorien, erzählten von unseren Erlebnissen aus der vergangenen Woche und diskutierten über Politik und Wetter. Manchmal stritten wir auch über Dies und Jenes. Es gab immer was zu erzählen, uns wurde nie langweilig.

Und heute… sind meine Eltern nicht mehr da – ja zwei Menschen, die mein Leben „mitlebten“ und maßgeblich geprägt haben… Keine Geschwätzigkeit an Sonntagen, keine Anrufe mehr, keine vertrauten Stimmen, keine Nähe… nur Stille. Geblieben ist die Erinnerung und ein paar Bilder aus längst vergangenen Zeiten. Ich halte inne und fühle in dieses Gefühl hinein. Leere erfüllt den Raum. Ein Teil von mir ist unwiderruflich verloren gegangen – einfach gestorben. Ich werde nie wieder die Möglichkeit haben, ihre Nähe zu spüren, ihre Stimme zu hören, sie noch einmal zu sehen… sie sind einfach nicht mehr da.

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Gerne würde ich ein Telegramm zum lieben Gott senden, mit der Bitte, dieses an meine Eltern weiterzuleiten. In diesem würde stehen:

Ihr fehlt mir! Mir geht es wirklich gut! Ich bin inzwischen in so mancher Hinsicht so geworden, wie ihr mich immer gewollt habt. Macht euch daher keine Sorgen! Ihr habt alles richtig gemacht! Entschuldigt bitte meine Verletzungen und Ungerechtigkeiten euch gegenüber. Heute sehe ich Vieles anders. Ich habe euch lieb! Bis bald – wir sehen uns wieder!

Nein, ich bin nicht frustriert oder traurig. Sonntage sind besinnliche Tage, in denen ich gerne an meine Eltern denke.

Eines der zehn Gebote (2. Buch Moses, Kapitel 20) aus der Bibel heißt: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der Herr, dein Gott, geben wird.“ Früher verdrehte ich die Augen, wenn ich das Gebot las. Heute ergibt dieses Gebot für mich einen ganz anderen Sinn als nur Moral und erhobener Zeigefinger. Vorwürfe oder nervige Maßregelungen der Eltern lösen sich mit der eigenen Reife auf. Man begreift irgendwann, dass es die pure Liebe der Eltern war.

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Die liebevolle Fürsorge der Eltern zu begreifen, sich diese schenken zu lassen und sie ernst zu nehmen und zu schätzen, das ist für mich die Bedeutung, dieses Gebotes. Dass man einiges daraus erst spät annimmt, ist nicht schlimm. Was früher ungerecht erschien, ergibt heute auf wundersame Art und Weise Sinn.

Rückblickend war es sehr beruhigend treu umsorgende Eltern zu haben.

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